PSYCHISCHE GESUNDHEIT AM ARBEITSPLATZ - Was können Führungskräfte tun?
Diese Woche war der Tag der psychischen Gesundheit. Über 10 % der Krankenstandstage haben mittlerweile psychische Ursachen. Das ist insofern alamierend, da die Fälle von Jugendlichen und jungen Erwachsenen überdurchschnittlich zugenommen haben.
Psychische Gesundheit ist ein zentraler Bestandteil des Wohlbefindens, insbesondere im Arbeitsleben. Der steigende Druck, ständig erreichbar zu sein, hohe Erwartungen zu erfüllen und gleichzeitig in einer schnelllebigen digitalen Welt zu bestehen, führt zunehmend zu psychischen Belastungen.
Burnout, Stress und Vereinsamung sind nur einige der negativen Folgen, mit denen sich Arbeitnehmer heute konfrontiert sehen. Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle dabei, diesen Problemen vorzubeugen und eine gesunde, produktive Arbeitsumgebung zu schaffen. Doch wie genau kann dies gelingen? Welche Maßnahmen sind effektiv, um die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden zu fördern und psychischen Erkrankungen vorzubeugen?
Zwischenmenschliche Beziehungen als Schlüssel zur Burnout-Prävention
Der bedeutendste Faktor zur Burnout-Prävention sind zwischenmenschliche Beziehungen. Das ist kein Geheimnis, aber dennoch eine Herausforderung, denn in der heutigen Zeit scheint die Pflege echter, persönlicher Beziehungen oft zu kurz zu kommen. Viele Menschen verbringen ihre Freizeit lieber vor dem Fernseher oder am Smartphone anstatt sich mit Freunden zu treffen. Selbst in sozialen Situationen, wie beim gemeinsamen Essen, ist das Smartphone oft die zentrale Ablenkung – anstatt miteinander zu sprechen, wird auf den Bildschirm geschaut.
Dieser Trend spiegelt sich auch im Arbeitsalltag wider. Viele Führungskräfte und Mitarbeitende kommunizieren eher über unpersönliche E-Mails oder Nachrichten als durch direkte Gespräche. Ein einfaches "Ich hoffe, es geht dir gut" in einer E-Mail ersetzt dabei oft die persönliche Nachfrage. Doch genau diese persönliche Verbindung ist unerlässlich, um eine gesunde Arbeitsbeziehung aufzubauen.
"Echt" interessiert sein
Echtes Interesse an den Mitarbeitenden zu zeigen, ist eine der grundlegendsten, aber auch effektivsten Maßnahmen, die Führungskräfte ergreifen können. Anstatt nur Floskeln zu verwenden, sollten Führungskräfte bewusst den persönlichen Austausch suchen. Ein Gespräch unter vier Augen, in dem wirklich nach dem Befinden gefragt wird, oder zumindest ein persönliches Telefonat, anstatt einer schnellen E-Mail, kann eine große Wirkung haben. Es geht darum, "Umsatz" auf das Beziehungskonto einzuzahlen – also Vertrauen und emotionale Nähe aufzubauen.
Vertrauen als Basis für gesunde Beziehungen
Eng verknüpft mit dem Aufbau von Beziehungen ist das Thema Vertrauen. Vertrauen ist die Grundlage für jede erfolgreiche zwischenmenschliche Interaktion, sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext. Dennoch neigen viele Führungskräfte dazu, lieber zu kontrollieren, anstatt Vertrauen zu schenken. Statistiken zeigen, dass etwa 77 % der Führungskräfte ihren Mitarbeitenden misstrauen und eher auf Kontrolle setzen. Diese Haltung schafft jedoch kein förderliches und wertschätzendes Arbeitsumfeld.
Vertrauen stärkt nicht nur die Arbeitsbeziehung, sondern hat auch direkte positive Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Mitarbeitende, die sich von ihren Vorgesetzten wertgeschätzt und unterstützt fühlen, arbeiten motivierter, sind loyaler und leiden weniger unter Stress. Daher sollten Führungskräfte gezielt daran arbeiten, Vertrauen aufzubauen, indem sie Verantwortung delegieren, transparente Kommunikation pflegen und ihren Mitarbeitenden Autonomie zugestehen. Dies fördert nicht nur die Zufriedenheit, sondern auch die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden.
Soziale Isolation und Vereinsamung im Home-Office
Ein weiteres Phänomen, das in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist die soziale Isolation im Home-Office. Durch die Pandemie wurde Home-Office für viele zur Norm, und obwohl diese Arbeitsweise viele Vorteile bietet, gibt es auch negative Aspekte. Besonders für Menschen, die alleine leben, birgt das Home-Office die Gefahr der Vereinsamung. Diese Gefahr wird oft unterschätzt oder bagatellisiert, doch sie kann schwerwiegende psychische Folgen haben.
Im Unternehmen haben Mitarbeitende zumindest gelegentlich soziale Interaktionen – sei es in der Kaffeeküche oder beim Mittagessen mit Kolleg*innen. Im Home-Office fehlen solche spontanen Begegnungen oft völlig. Virtuelle Kaffeepausen oder After-Work-Events können zwar einen gewissen Ausgleich bieten, aber sie sind kein vollwertiger Ersatz für direkte zwischenmenschliche Kontakte. Führungskräfte sollten dieses Problem ernst nehmen und proaktiv nach Lösungen suchen, um Mitarbeitende, die im Home-Office arbeiten, stärker einzubinden.
Empathie und Mitgefühl als Führungskompetenzen
Für eine erfolgreiche soziale Interaktion braucht es vor allem eines: die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Empathie, Mitgefühl und eine gute Wahrnehmung sind dabei entscheidend. Führungskräfte, die diese Kompetenzen beherrschen, schaffen es, eine unterstützende und vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Doch wie genau zeigt sich empathisches Führungsverhalten?
Wenn eine Führungskraft den Eindruck hat, dass ein Mitarbeitender Probleme hat, sollte sie das Gespräch suchen – und zwar auf Augenhöhe. Dabei geht es nicht darum, Ratschläge zu erteilen oder zu belehren. Stattdessen sollten Führungskräfte versuchen, die Perspektive des Mitarbeitenden zu verstehen. Dies erfordert aktives Zuhören und den Verzicht auf voreilige Urteile oder Bewertungen. Es geht darum, Verständnis für die Situation des anderen zu entwickeln, ohne diese zwangsläufig gutheißen zu müssen.
Diese Art des Dialogs schafft Vertrauen und zeigt dem Mitarbeitenden, dass seine Sorgen ernst genommen werden. Ein solches Gespräch sollte immer wertfrei und unterstützend sein, damit der Mitarbeitende das Gefühl hat, sich öffnen zu können, ohne verurteilt zu werden.
Psychische Gesundheit als Unternehmensziel
Während der Fokus oft auf den individuellen Mitarbeitenden liegt, ist es auch wichtig, psychische Gesundheit als übergeordnetes Unternehmensziel zu betrachten. Ein gesundes Arbeitsumfeld kommt nicht von allein – es muss aktiv gestaltet werden. Führungskräfte haben dabei eine Vorbildfunktion und können durch ihr Verhalten maßgeblich beeinflussen, wie das Thema psychische Gesundheit im Unternehmen wahrgenommen und behandelt wird.
Führungskräfte sollten Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit in ihre Unternehmensstrategie integrieren. Dazu gehört nicht nur der Abbau von Stressoren, sondern auch die aktive Förderung eines positiven Arbeitsumfeldes. Beispielsweise könnten regelmäßige Schulungen zu Stressbewältigung, Achtsamkeit oder mentaler Gesundheit angeboten werden. Auch der Zugang zu professioneller psychologischer Unterstützung, wie etwa einem betrieblichen Gesundheitsmanagement oder einem externen Beratungsservice, kann Mitarbeitenden helfen, rechtzeitig Unterstützung zu finden.
Die Rolle von Achtsamkeit und Selbstfürsorge
Neben den sozialen Aspekten spielt auch die persönliche Selbstfürsorge eine wichtige Rolle. Führungskräfte sollten nicht nur ihre Mitarbeitenden dazu ermutigen, auf ihre psychische Gesundheit zu achten, sondern auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen.
Achtsamkeit, regelmäßige Pausen und die Fähigkeit, sich abzugrenzen, sind wichtige Faktoren, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Wer als Führungskraft ständig unter Druck steht und nie abschaltet, wird auf Dauer selbst anfälliger für Stress und Burnout.
Prävention durch offene Kommunikation
Ein weiteres wichtiges Element in der Prävention von psychischen Problemen ist die Förderung einer offenen und ehrlichen Kommunikationskultur im Unternehmen. Führungskräfte sollten aktiv dafür sorgen, dass Mitarbeitende sich trauen, Probleme anzusprechen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen haben zu müssen.
Diese Kultur der Offenheit beginnt bei den Führungskräften selbst: Sie sollten transparent und authentisch kommunizieren und sich auch selbst verletzlich zeigen, wenn es angebracht ist. Dies schafft ein Klima des Vertrauens, in dem sich auch die Mitarbeitenden sicher fühlen, ihre eigenen Sorgen zu äußern.
Fazit: Führungskräfte als Schlüsselfiguren in der Prävention
Führungskräfte tragen eine enorme Verantwortung, wenn es darum geht, psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz vorzubeugen. Durch den Aufbau von Vertrauen, die Förderung zwischenmenschlicher Beziehungen und die aktive Unterstützung der psychischen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden können sie einen wichtigen Beitrag leisten.
Gleichzeitig sollten sie darauf achten, auch ihre eigene psychische Gesundheit nicht zu vernachlässigen. Empathie, Mitgefühl und eine offene Kommunikationskultur sind hierbei unerlässliche Werkzeuge, um ein gesundes und produktives Arbeitsumfeld zu schaffen.